"Zu Gottlieb und Adele Duttweiler"
Eine Vortragsnachschrift zu zwei Schweizer Pionieren einer
andersartigen Wirtschaft, zu Gottlieb und Adele Duttweiler, dem
"Sozialen Kapital" und Ihrer (ursprünglichen) Idee der MIGROS.
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JENS MARTIGNONI
Gottlieb und Adele
Duttweiler waren zwei massgebliche Persšnlichkeiten der Schweiz im zwanzigsten
Jahrhundert. Sie wirkten mit grossem Einsatz zum Wohle der Allgemeinheit in der
tŠglichen Wirtschaft und Politik, aber sie dachten weit darŸber hinaus. Ihr
Lebenswerk, die Migros, spiegelt bis heute noch einen Teil ihrer Ideen.
Gottlieb
Duttweiler war der Lšwe, der Feurige, der unermŸdlich in der …ffentlichkeit
kŠmpfte mit Ideen und EinfŠllen, mit Worten und Taten, fŸr Recht und
Gerechtigkeit und fŸr bessere Lebensbedingungen in der Schweiz.
Adele
Duttweiler-Bertschi1 war die starke Festung im Hintergrund, die den
Grund und Boden bereitete, die Ruhe und Sicherheit, Klugheit und Besonnenheit
aufbot und deren Rat die Energien richtig lenkte, die ihr Mann aufbrachte. Zusammen
waren sie ein Paar, das sich ergŠnzte, das sich durch sein Zusammensein
verstŠrkte und seine KrŠfte vervielfachen konnte.
Sind sie
Beispiele fŸr den ethischen Individualismus? Wo steht ihr Lebenswerk heute?
Der
nachstehende Text nach einem Vortrag, gehalten an der diesjŠhrigen
Weltlagetagung in Dornach, soll Anregungen geben zur Beantwortung dieser
Fragen.
Gottlieb
Duttweiler wurde am 15. August 1888 in ZŸrich als drittes Kind von Vater
Gottlieb Duttweiler und Mutter Elisabeth Duttweiler-Gehrig geboren. Seiner
Mutter schien er wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie prŠgte sein Leben durch
ihre klare und lebensbejahende Haltung. Er sagte dazu spŠter: ãMeine Mutter
kam mir streng und klug vor. Von ihr habe ich entschieden die unheimliche
ZŠhigkeit und einen Hang zur Kritik, sachlich richtiger Kritik, geerbt.Ó Sein Vater
war Verwalter des Lebensmittelvereins ZŸrich (LVZ) und baute diesen aus kleinen
AnfŠngen zur zweitstŠrksten Konsumgenossenschaft der Schweiz aus. Er war
grosses Vorbild fŸr das tŠtige In-der-Welt-Stehen fŸr Gottlieb. Sein frŸher Tod
1906 bedeutete eine tiefgreifende Wende im Denken und Tun des jungen Mannes.
Seine Jugend war damit in gewisser Weise abgeschlossen, er begann Verantwortung
zu tragen.
Gottlieb
Duttweiler besuchte die Primar- und Sekundarschule in ZŸrich. An und fŸr sich
war er ein guter SchŸler, aber die Schule war hŠufig kein Ort der Freude fŸr
ihn, und was ihm keine Freude machte, tat er nur mit innerem und Šusserem
Widerstreben. Seine Noten bewegten sich so zwischen ãungenŸgendÓ und ãsehr
gutÓ. Sein Betragen wurde meistens beanstandet, weil er hŠufig Streit mit
Klassenkameraden hatte. Danach besuchte er wŠhrend zweier Jahre die
Handelsabteilung der Kantonsschule, die er dann aber auf Ersuchen der Schulleitung
an seinen Vater abbrechen durfte. Er war erleichtert und mehr als einverstanden
und bewarb sich daraufhin selbst um eine Lehrstelle bei der renommierten Kolonialwarenagentur
Pfister & Sigg in ZŸrich. 1905 trat er dort eine kaufmŠnnische Lehre an, die
er 1907 mit der LehrabschlussprŸfung als zweitbester von 150 Lehrlingen kršnte
und im FrŸhjahr 1908 abschliessen konnte. Schon im letzten Lehrjahr wurde er
als Vertreter des Unternehmens nach Le Havre geschickt, wo er bereits
selbstŠndig handeln konnte und sich rasch zum versierten Handelsagenten
entwickelte. Er kehrte zurŸck und wurde von den Herren Pfister und Sigg bald
zum Junior-Partner ernannt. Nun begannen weitere Reisen im Auftrag der Firma.
Gottlieb Duttweiler setzte sein Talent in internationalen Beziehungen ein, und
die Firma Pfister & Sigg expandierte dank seinen AktivitŠten rasch und
schrieb immer gršssere Gewinne.
Als
erfolgreicher Jung-GeschŠftsmann stand er nun im Leben, als das nŠchste Kapitel
begann, seine Begegnung mit Adele Bertschi.
Adele
Bertschi wurde am 29. Dezember 1892 in Horgen am ZŸrichsee geboren. Ihr Vater,
Samuel Bertschi, war nach den Vereinigten Staaten ausgewandert und hatte dort
eine Bandweberei mit 250 Arbeitern aufgebaut. Als seine erste Frau starb,
verkaufte er den Betrieb und kehrte als ãgemachter MannÓ in die Schweiz zurŸck.
Dort heiratete er zum zweiten Mal die Walliserin Maria Antille. Sie zogen nach
Horgen, wo der Vater den schšnen Bauernhof ãIm RŸslerÓ erwarb und wo Adele auch
aufwuchs. Der Vater starb, als Adele acht Jahre alt war. Die Mutter wurde als
zielbewusste und temperamentvolle Frau beschrieben, die nach dem frŸhen Tod des
Mannes als alleinerziehende Mutter allerlei Schikanen durch die Schule und
Kirche zu bewŠltigen hatte. Sie wehrte sich erfolgreich dagegen, ein Zug, den
auch Adele mitbekommen hatte. Nach der Grundschule in Horgen absolvierte Adele
das damals obligate Welschlandjahr fŸr junge Frauen (ein lŠngerer Aufenthalt in
der Westschweiz zum Lernen der franzšsischen Sprache, meist als
Haushaltshilfe). Danach arbeitete sie als Angestellte in der Eidgenšssischen
Technischen Hochschule (ETH) in ZŸrich in der Samenkontrolle.
Als
ETH-Angestellte fuhr Adele Bertschi tŠglich mit dem Zug von Horgen nach ZŸrich.
Um 1911 stieg in RŸschlikon jeweils ein stattlicher, junger, gut gekleideter
Mann zu und setzte sich der eher schŸchtern wirkenden jungen 19-jŠhrigen Frau gegenŸber.
Als sich das wiederholte, wurde es Adele ein wenig lŠstig: ãEr schaute mich
immer mit grossen Augen an. Ich hatte das eigentlich nicht gern, ich war doch
noch fast ein Kind. Aber
Abb. 1: Ein
glŸckliches junges Ehepaar
vermutlich
hat gerade meine ZurŸckhaltung ihn gereizt, nicht aufzugeben.Ó
Das tat
Gottlieb Duttweiler denn auch nicht. Als seine Werbung kein Resultat zu
zeitigen schien, versuchte er es mit einem Mietpferd. Kaum hatte er reiten
gelernt, stattete er der Angebeteten bei ihr zu Hause in Horgen hoch zu Ross
einen Besuch ab. Leider machte dieser Auftritt der Mutter und der Schwester
mehr Eindruck als Adele. Die Mutter lud daraufhin den imponierenden, aber noch
etwas unsicheren Reiter zum Mittagessen ein. Trotzdem war solchem Werben auf
die Dauer nicht zu widerstehen.
ãDem Charisma
Duttweilers als Frau zu erliegen, wŠre wohl nicht erstaunlich gewesen. Aber
wahre Liebe ist nicht blind. Adele Duttweiler Šusserte Bedenken, wo sie ihr
angebracht schienen, auch in durchaus kaufmŠnnischen Dingen. Er hšrte auf ihren
Rat, weil er wusste, dass er aus jener Vernunft kam, die nicht nur im Kopf,
sondern auch im Herzen wohnt. Seinem drŠngenden In-die-Zukunft-Denken fŸgte
Adele Duttweiler immer die Wirklichkeit der Gegenwart hinzu.Ó
1912 feierten
der 24jŠhrige Gottlieb und die knapp 20jŠhrige Adele ihre Verlobung.
Am 29. MŠrz
1913 fand die Hochzeit statt. ãDamit beginnt die ganz und gar ungewšhnliche,
knapp ein halbes Jahrhundert dauernde Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zweier
Menschen, deren Werk das Gesicht der Schweiz im zwanzigsten Jahrhundert nachhaltig
mitgeprŠgt hat.Ó9
á
StŸrmischer Aufbau des GeschŠfts Pfister & Sigg. Als
Partner Sigg ausstieg, wurde Duttweiler zum neuen Partner ernannt, jetzt hiess
sie ãPfister & DuttweilerÓ.
á
Es entstand bis 1920 ein gršsseres internationales Unternehmen.
á
1921–22 katastrophale Geldentwertung in vielen
LŠndern, die Firma Pfister & Duttweiler geriet unter Druck. Duttweiler
vollzog die Liquidation der Firma, ohne Konkurs machen zu mŸssen.
á
1923 Ausschiffung von Gottlieb und Adele Duttweiler nach
Brasilien.
á
1924 RŸckkehr in die Schweiz wegen einer schweren Krankheit
Adeles.
á
Danach liessen sie sich wieder in RŸschlikon nieder. Verfolgung
diverser GeschŠftsideen durch Gottlieb, von denen aber keine zur Verwirklichung
kam.
á
1925 GrŸndung der Migros
Insgesamt
ist diese Jugendzeit durch viele Ideen und auch viele FehlschlŠge
charakterisiert. Doch innerlich wandelten sich sowohl Gottlieb als auch Adele
und reiften heran bis zum Punkt, wo die grosse Tat gewagt werden konnte: die
GrŸndung der Migros. Ein Gegner schrieb spŠter: ãAus dem Kaufmann Duttweiler,
der sich eine Existenz aufbauen wollte, wurde nach und nach ein Retter und
Befreier bedrŸckter Hausfrauen und geknechteter BŸrgerÓ, was sicher ironisch
gemeint war, aber dennoch zutreffend den Weg beschreibt, den Duttweiler ging.
Was war nun
die Migros? Eine Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist, wie sie
scheint: Alle in der Schweiz kennen heute die Migros als die gršsste Ladenkette
oder als Inhaberin von vielen weiteren GeschŠften wie der Tankstellen ãMigrolÓ,
der Migros-Bank, des Reiseunternehmens ãHotelplanÓ oder auch als Ort fŸr
Erwachsenenbildung die ãMigros KlubschuleÓ, als Migros Fitness- und
Wellness-Center, als Kultursponsor und so weiter. Man hat den Eindruck, einen
Grosskonzern vor sich zu haben, der sehr vieles, meist recht gŸnstig, anbietet.
In Tat und Wahrheit handelt es sich aber um eine Genossenschaft, eine
Volksfirma, an der etwa 27 % der Bevšlkerung der Schweiz direkt beteiligt sind.
Sie hat auch heute noch nominal eine weitreichende demokratische Mitbestimmung
und ist aus einer eigentlichen grossen Reformbewegung entstanden. Oder genauer
gesagt, sie wurde geschaffen, denn die Migros ist in ihrer Philosophie, ihrem
ideellen Bau und ihrer Ausrichtung bis heute fast alleine das Werk von Gottlieb
und Adele Duttweiler.
Wie begann
nun alles? Gottlieb Duttweiler bemerkte eines Tages auf seiner Suche nach neuen
GeschŠftsideen, dass der Kaffeepreis im Laden sehr viel hšher war als im Ankauf
in Brasilien. Die Lebensmittelpreise in der Schweiz waren Ÿberhaupt sehr hoch,
zu hoch, fand Duttweiler, denn viele Familien konnten sich nur knapp mit dem
Nštigsten versorgen, und der Lebensmittelhandel war schlecht organisiert oder
schšpfte grosse Gewinne ab. Einen Lšsungsansatz sah Duttweiler in den Ideen von
Henry Ford, der fahrende LŠden fŸr seine Arbeiter eingerichtet hatte und so die
Kosten niedrig hielt. Duttweiler entwickelte einen Plan fŸr den Verkauf von
gŸnstigeren Lebensmitteln und fand fŠhige Leute, die ihn unterstŸtzten.
UnverzŸglich wurde er umgesetzt. Eine Firma mit Fr. 100'000.- Aktienkapital
wurde gegrŸndet, fŸnf Lastwagen wurden angeschafft und zu fahrenden LŠden
umgebaut, Routen wurden geplant, und Duttweiler schrieb das erste
quasi-revolutionŠre Flugblatt zum Start der ganzen Aktion:
ãAn die Hausfrau, die
rechnen muss! – An die intelligente Frau, die rechnen kann:
Das Problem der teuren
Lebensmittel – Jedermann kennt es – die Zeitungen schreiben immer
wieder – Regierungskommissionen rapportieren darŸber: – greifbare
Resultate? – Keine!
Wir versuchen nun ein
neues System – nachdem wir jahrelang den Groshandel belieferten
– wollen wir nun unter der neuen Firma Migros A.G. die
Haushaltungen direkt bedienen,
die GrundsŠtze des
Grosshandels im Kleinverkauf anwenden:Ó
.....
und am Schluss:
ãWir schliessen mit einem
Appell an das selbstŠndige Urteil der Hausfrau: Entweder siegen die alten
lieben Einkaufs-Gewohnheiten der Frau, die Reklame und die Schlagwšrter –
oder der erhoffte Zuspruch stellt sich ein, diesfalls kšnnen wir die Preise
mšglicherweise noch ermŠssigen, andernfalls mŸssen wir diesen ernsthaften
Versuch, den Konsumenten zu dienen, aufgeben.Ó
Frauen und
nicht MŠnner werden dabei angesprochen, und zwar als selbstŠndige
Konsumentinnen, keine SelbstverstŠndlich-keit im Jahre 1925. Man beachte dabei
auch den ungewšhnlichen Appell an die Intelligenz und an das eigene Urteil, es
wird sozusagen direkt die Bewusstseins-Seele angesprochen. Welch ein grosser
Unterschied zum tiefen Niveau heutiger Werbung. Ausserdem wurden die
Konsequenzen des Handelns aufgezeigt, ein mšgliches Scheitern wurde erwŠhnt und
kommuniziert. Also ein mehrfacher Appell an die Mitverantwortung der
Konsumentinnen – ein ganz neuer partnerschaftlicher Ansatz in der
damaligen Wirtschaft.
Das Flugblatt
wurde in ZŸrich verteilt. VorgŠngig wurde die Erlaubnis des Stadtrates
eingeholt, und die Fahrer der Lastwagen lšsten eine Hausierer-Lizenz, denn das
System war neu. Niemand wusste genau, wo es einzustufen war. Die Nachricht vom
Beginn des Verkaufs schlug ein, die Frauen kamen und es wurde gekauft, und zwar
viel. In kŸrzester Zeit konnte das Sortiment ausgeweitet werden. Das Drama
begann aber erst, denn auch die Gegnerschaft war vom ersten Tag an gesichert:
Die Spezierer (DetailhŠndler) und Markenartikelfabrikanten eršffneten die
Gegenoffensive. Die Migros wurde sehr schnell verleumdet und erlitt
Lieferboykotte. Die VerbŠnde der Fabrikanten verboten ihren Mitgliedern, an die
Migros zu verkaufen, wer sich nicht fŸgte, wurde ebenfalls boykottiert. Leute,
die in der Migros einkauften, wurden bespitzelt, beschimpft oder gar in
Zeitungen als ãVerrŠterÓ namentlich veršffentlicht. Eine turbulente Zeit, doch
der Aufruhr verhalf der neuen Migros zu grosser PublizitŠt, sie war ausserdem
billiger und besser, die Leute kauften also weiter, und der Umsatz stieg.
Duttweilers Idee war nicht mehr zu stoppen, und bald folgten weitere.
Aus
einer kleinen, aber intelligenten GeschŠftsidee, dem Verkauf von Lebensmitteln
zu gŸnstigen Grosshandelspreisen (Mi-Gros bedeutet etwa Halb-Gross) mit
fahrenden LŠden entstand in den folgenden Jahren eine praktische Philosophie,
ein eigentliches revolutionŠres IdeengebŠude in teilweise praktischer Verwirklichung:
ãdas soziale KapitalÓ. 14
Doch zuerst
noch einmal einen Blick auf das €ussere, die Migros und ihre Expansion.
1925 am
15. August GrŸndung (Geburtstag Gottlieb Duttweilers) der Firma Migros AG,
am 25. August erste Ausfahrt der fŸnf Verkaufswagen in ZŸrich mit je 6 (7)
Artikeln
1926: Erstes Verkaufsmagazin in ZŸrich, rasche
Expansion auch in andere
Kantone
1928: †bernahme der Alkoholfreien Weine
AG Meilen (heute PAG)
als erster eigener Produktionsbetrieb
1931: Weitere Produktionsbetriebe werden
eršffnet
1933: Das ãFilialverbotÓ, ein
eigentliches Gesetz gegen die Migros
tritt in Kraft.
1935: GrŸndung der Genossenschaft Hotelplan,
Eintritt in die Politik
mit den ãsieben UnabhŠngigenÓ, die gleich auf Anhieb
in den Nationalrat gewŠhlt werden.
1936: GrŸndung einer eigenen politischen
Partei, des Landesrings
der UnabhŠngigen (LdU)
1937: GrŸndung des Giro-Dienstes, einer
Mšglichkeit, auch fŸr unabhŠngige
ãSpeziererÓ Migros-Produkte verkaufen zu kšnnen.
1939: ãDie TatÓ, das politische Organ des
Landesrings und der Migros
wird Tageszeitung.
1940: Entschluss von G. und A.
Duttweiler, die Aktiengesellschaft
in eine Genossenschaft umzuwandeln.
1941: Die Umwandlung in eine
Genossenschaft findet statt.
1942: Die Herausgabe der
Wochenzeitschrift ãWir BrŸckenbauerÓ
fŸr die Genossenschafter wird von Bern nach
langem Kampf genehmigt (Restriktionen wegen Krieg).
1943: Beteiligung an der Praesens Film AG, die
Schweizerfilme herstellt
und ãWichtiges zu einer eigenstŠndigen Kultur auf
der âKriegsinsel SchweizÕ beitrŠgtÒ.
1944: Die Klubschulen werden geschaffen.
1946: Verschenkung des Privatparks von Gottlieb
und Adele Duttweiler
an die neu errichtete Stiftung ãIm GrŸeneÓ.
1948: Erster Selbstbedienungsladen in ZŸrich
wird eršffnet (vermutlich
der erste Selbstbedienungsladen Europas).
1950: Die Migros verfŸgt Ÿber 200 LŠden und
200'000 Genossenschafter.
Die G. und A. Duttweiler Stiftung wird gegrŸndet,
Beteiligung am Ex-Libris Buchklub.
1951: Taxikrieg, GrŸndung der
Taxibetriebs-Genossenschaft zur Verbilligung
und Ausweitung der Taxidienste in ZŸrich.
1953: Gottlieb Duttweiler wird in die
Hall of Fame der Boston Conference
on Distribution aufgenommen.
1954: GrŸndung der Migrol-Genossenschaft:
ãBenzin-KriegÓ, GrŸndung
der Migros TŸrk.
1957: GrŸndung der Migros-Bank
1959: Aufbau der ãDo it yourselfÓ Migros,
GrŸndung der Versicherungsgesellschaft Secura
1960: Migros Spanien gegrŸndet (spŠter
gescheitert)
1961: Jahresumsatz erstmals Ÿber 1 Mia.
Franken
1962: Tod Gottlieb Duttweilers
Die
Migros hat 1,2 Mia. Fr. Umsatz, 413 LŠden, 18'471 Mitarbeitende und 630Õ000
Genossenschafter.
1963: Eršffnung des Gottlieb Duttweiler
Institutes (GDI), das der
Wirtschaftsphilosophie des Sozialen Kapitals dienen soll.
1970: Bau der ersten MMM-Multi-MŠrkte,
gigantischer Einkaufszentren
meist im GrŸnen mit Autobahnanschluss. Die
Migros hat 3,3 Mia. Fr. Umsatz, 443 LŠden, 29Ô153 Mitarbeitende und 870Ô000
Genossenschafter.
1979: Seit langem wieder grosser Wirbel fŸr die
Migros in der …ffentlichkeit:
Hans A. Pestalozzi, der noch von Duttweiler
persšnlich in die Migros berufen wurde, wird nach
gršsseren Differenzen mit der Migros-FŸhrung als Leiter des GDI entlassen. Er wollte soziale und škologische
VerŠnderungen innerhalb der Migros forcieren.
Seine Ansichten waren den Verantwortlichen zu radikal,
einen anderen Umgang mit diesem Kritiker konnten
sie sich aber nicht vorstellen.
1980: Der Verein ãM-FrŸhlingÓ ist die Antwort
auf diese Geschehnisse. Er
mšchte sich in den Wahlen der Genossenschaften
und FŸhrungsgremien einmischen. Sein Programm:
–
Fšrderung des Bewusstseins der …ffentlichkeit fŸr die
Problematik der heutigen Wirtschaft,
–
Aufzeigen von Alternativen zur heutigen Migros und damit zur
heutigen Wirtschaft,
–
Wahrung der demokratischen Genossenschaftsrechte und Demokratisierung
der innerbetrieblichen Strukturen der Migros. Der Versuch misslingt vollstŠndig,
die Genossenschafter wŠhlen ãlinientreuÓ. Einige Jahre spŠter lšst sich der
Verein wieder auf.
1990:
Tod Adele Duttweilers
Die
Migros hat nun 11,4 Mia. Fr. Umsatz, 541 LŠden,50Ô397
Mitarbeitende und 1Ô520Ô000 Genossenschafter
1997:
Die Migros Ÿbernimmt die
Globus-Gruppe, eine grosse schweizerische
Warenhauskette und umgeht damit auch das
eigene Verbot des Verkaufs von Alkohol und Tabak.
2003: €ussere Gršsse Ÿberragend –
innere Gršsse immer wieder mit
Fragezeichen versehen.
Konzernumsatz,
20,0 Mia. Fr.
LŠden,
581
Mitarbeitende,
81'600
Genossenschafter,
1'913Ô531
Kulturprozent,
114 Mio. Fr.
Migros
Pensionskasse, Vermšgen, 13,406 Mia. Fr.
2004: Die Genossenschafterzeitung ãWir
BrŸckenbauerÓ wird zum
ãMigros MagazinÓ umbenannt, der Untertitel ãDas Soziale KapitalÓ war schon einige Jahre vorher
gestrichen worden.
ãDas Kapital muss dem
Volksganzen dienenÓ.14
Immer wieder
benutzte Gottlieb Duttweiler den Begriff ãDas Soziale KapitalÓ. Was war damit
gemeint? Er selbst schrieb dazu 1940 unter dem Titel ãNeue Zeit – Das
Soziale KapitalÓ:
ãDie Aufgabe
stellt sich einfach. Der Herrgott hat der Welt alles Notwendige und
WŸnschenswerte fŸr Kšrper und Geist reichlich gewŠhrt. Die moderne Technik hat
die industrielle und landwirtschaftliche Erzeugung, ja selbst die Produktion
kultureller GŸter bis zum †berfluss gesteigert. Nur die Aufgabe, davon jedem
das Seine zugŠnglich zu machen, ist noch ungelšst, und zwar, weil sie allein
âdurch den FrankenÕ gesehen nicht lšsbar ist! âHandelsmessianische
BesessenheitÕ hat die eidgenšssische Preisbildungskommission die geistige
Einstellung der Migros-Leitung zum GeschŠft genannt. Dieses halb scherzhafte
Wort ist wahr. Wenn wir das Problem der gerechten Verteilung der GŸter der Welt
lšsen wollen, so mŸssen wir uns ihm ganz hingeben, in ihm aufgehen und von ihm
âbesessenÕ sein. Das Bewusstsein, dass rings um uns Menschen sind, die ein
Recht auf den âgoldenen †berflussÕ der Welt haben, aber ihren Anteil nicht
erhalten, darf uns keine Ruhe lassen. Jeder an seinem Platz
muss seinen Teil tun, um das zu Šndern. Dann werden wir eine unwiderstehliche
Kraft ausŸben und alles mitreissen, was zum Guten dienen kann.Ó (Hervorhebung
im Original)
Es war also
keine fertig geschriebene Wirtschaftstheorie damit gemeint, sondern eine
lebendige Grundeinstellung, eine dienende Haltung, eine tiefgehende Ethik. Das
ãSoziale KapitalÓ sollte begrŸndet sein im Individuum, das durch seine bewusste
wirtschaftliche Handlung die notwendige Berichtigung des Systems veranlasste.
Als effektive Form fŸr die Verwirklichung seiner Ideen hielt Duttweiler die
Genossenschaft fŸr das richtiges Instrument, das zutiefst demokratisch ein
GerŸst der gemeinsamen Unternehmung bilden und so dem ãSozialen KapitalÓ die
Grundlage sein sollte. Allerdings grenzte sich Duttweiler gegen die sozialistisch
geprŠgte Vorstellung einer Genossenschaft als Grundlage zur Abschaffung des
Kapitals klar ab. Er sagt dazu:
ãDie Migros-Genossenschaften wollen ein neues Organ in der sozialen Welt seinÉ (Sie) kennen indessen das Ziel der Vergenossenschaftlichung der Wirtschaft nicht. Sie wollen die freie Unternehmerwirtschaft mit ihrem Leistungswettbewerb nicht ausschalten. Aber sie wollen ihr die GiftzŠhne ausreissen. Ihr Instrument ist dabei das uneigennŸtzige soziale Kapital. †ber den Konkurrenzhebel soll zum Dienen gebracht werden, wer nur ans Verdienen denkt. Die geballte Kaufkraft wird einmal zu Taten fŠhig sein, von denen man heute kaum zu trŠumen wagt. Der Konsument muss aber geweckt und zum Bewusstsein seiner StŠrke gebracht werden. So wird den Nichtbesitzenden ein gewaltiges Mitspracherecht in der Wirtschaft werden.Ó
(Aus dem
Rechenschaftsbericht des Migros-Genossenschafts-Bundes 19494)
Und er spann
seine Ideen noch viel weiter: ãNach unserer Auffassung hat die
Genossenschaft, das Soziale Kapital, eine grosse, weit Ÿber das GeschŠftliche
hinausgehende Weltmission, deren sie sich hoffentlich immer besser bewusst
wird.Ó2
So kam es
dazu, dass Gottlieb und Adele Duttweiler sich entschlossen, in die Tat
umzusetzen, was gedanklich sich schon seit 1933 angebahnt hatte. Der Dienst am
(Konsumenten-)Volke sollte nicht mehr nur ihr eigener sein. Durch das totale
Zur- VerfŸgung-Stellen aller ihrer Ressourcen sollten auch andere zu solchem Wirken
die Mšglichkeiten erhalten. Ein grossartiger, ja bis heute noch fast
unglaublicher Gedanke entstand.
Rudolf Steiner schreibt im ãNationalškonomischen KursÒ3
Wenn
also einer in der Lage ist, Leihkapital auf Kredit zu bekommen, dadurch eine Unternehmung
herstellen kann, eine Institution herstellen kann, mit dieser Institution
produzieren kann, so produziert er so lange, als seine eigenen FŠhigkeiten mit
dieser betreffenden Institution verbunden sind. Nachher geht durch eine nicht
von Mensch zu Mensch bewirkte, sondern durch eine im volkswirtschaftlichen Gang
sich vollziehende Schenkung in der vernŸnftigsten Weise das, was da gewirkt
hat, auf den Ÿber, der die nštigen FŠhigkeiten dazu hat. Und es ist nur
nachzudenken, wie durch eine Dreigliederung des sozialen Organismus eben
Vernunft in diese Schenkung hineinkommen kann. Da grenzt das
Volkswirtschaftliche an das, was nun im umfassendsten Sinn Ÿberhaupt das
Soziale im Menschen ist, was zu denken ist fŸr den gesamten sozialen
Organismus.
Gottlieb Duttweiler
scheint die Werke Rudolf Steiners nicht gekannt zu haben, nirgends nimmt er
unseres Wissens Bezug darauf. Er hatte aber dieselben ZusammenhŠnge alleine
durch die praktische Wahrheit seines Wirkens ganz innerlich erkannt und wollte
sie umsetzen. Die Migros sollte als Ganzes in eine Genossenschaft umgewandelt
und die Anteile an die Kundinnen und Kunden, also an das ganze Schweizervolk,
verschenkt werden. Dann sollten alle Genossenschaftsmitglieder ihre Delegierten
wŠhlen, die dann ãdiejenigen mit den nštigen FŠhigkeitenÓ in die GeschŠftsfŸhrung
wŠhlen sollten. Die GeschŠftsfŸhrung blieb soweit sehr unabhŠngig, hatte aber
immer der Genossenschaftsversammlung Rechenschaft abzulegen, und so sollte das
Werk jeweils ãin der vernŸnftigsten WeiseÓ Ÿbergehen an neue HŠnde und fŸr die
Zukunft bewahrt werden.
Als er mit
dieser Idee 1940 in die GeschŠftsleitung und den Verwaltungsrat der Migros AG
kam, war der Protest gross. Das Verschenken war schwieriger, als er es sich
vorgestellt hat. Freunde und Mitarbeiter versuchten ihn davon abzubringen und
wendeten sich schliesslich an Adele Duttweiler, denn die Umwandlung der Migros
bedeutete ja auch nicht mehr und nicht weniger als ihre Enterbung: Sie mŸsse
sich gegen die Schenkung wenden und ihren Mann davon Ÿberzeugen, dass er so
etwas nicht tun dŸrfe. Adele hŠtte das mit Leichtigkeit vermocht, Duttweiler
hŠtte seinen Plan auch nur gegen ein mildes Veto von ihr niemals durchgefŸhrt.
Aber sie sagt das entscheidende Wort nicht. Im Gegenteil, sie war ganz auf der
Seite ihres Mannes und bereit, die Folgen des Entscheides mit ihm zu tragen.
Sie machte nur eine kleine EinschrŠnkung und bestand darauf, dass er nicht ganz
alles verschenke, sondern einen kleinen Teil fŸr sich behalte. So wurde alles
ausser einer einzigen Fabrik in Basel in die Schenkung eingegeben.
Doch kein
Dank wurde ihm dafŸr. Es wurden ihm im Gegenteil unlautere Motive unterstellt,
und viele Migros-Kunden und -Kundinnen wollten den Gratis-Anteilschein gar
nicht annehmen aus Angst, dass da etwas anderes dahinterstecke. Aber Gottlieb
Duttweiler machte unbeirrt weiter gemŠss seinem Motto: ãDie Angriffe der Gegner
und ungerechtfertigte VerdŠchtigungen sind es, die einem Werk den Stempel der
Echtheit aufdrŸcken.Ò Die Migros, fast sein gesamtes Vermšgen und auch seine
eigene Machtstellung also, wurde von diesem ãreichen KapitalistenÓ freiwillig
weggegeben, umgewandelt und verschenkt. Ein Akt von wahrer Einsicht, eine
Befreiungs-Tat getreu Duttweilers eigenem Wahlspruch: ãFreiwilligkeit ist
der Preis fŸr Freiheit.Ó Ein einmaliges Ereignis, das bis heute in der
Schweiz in seiner Gršsse nicht wirklich gewŸrdigt wird.
Ihr
wertvollstes Eigentum, nŠmlich ihre GrundsŠtze und Ideen, behielten die
Duttweilers aber noch bei sich. Sie grŸndeten gleichzeitig die G. und A.
Duttweiler-Stiftung, die als WŠchterin der Prinzipien und als Wahrerin des
Ideengutes Duttweilers wirken sollte. Eine geistige Instanz also, die
unabhŠngig fŸr die weitere KontinuitŠt der Migros im Sinne einer dienenden
Institution im Wirtschaftsleben sorgen sollte. Dazu schrieb er zusammen mit
Adele ã15 ThesenÓ, die zusammenfassen, was beide als dauerhafte gedankliche
Grundlagen der weiteren Entwicklung erkannt haben (siehe Kapitel Links fŸr
einen Zugang zu den Thesen).
Die Konstruktion
dieser ganzen Umwandlung kann ohne weiteres als Umsetzung der Dreigliederung
innerhalb des Wirtschaftslebens erkannt werden. Das Geistesleben wirkt
innerhalb der Stiftung, das Rechtsleben ist in der Genossenschaft verankert,
und das eigentliche Wirtschaftsleben ist in den Betrieben der Migros zu finden.
Alle sind allerdings noch innerhalb der existierenden im Sinne der
Dreigliederung antiquierten Formen des Schweizerischen Rechtsstaates
organisiert. Dies macht auch einen Teil ihrer Problematik aus, die sich spŠter
zu zeigen beginnt.
Nach dieser
grossen Tat ist das Wirken von Gottlieb Duttweiler noch keineswegs beendet.
Vieles folgt, was in seiner Zeit revolutionŠr war. Mit all seiner Kraft setzte
sich Duttweiler bis zuletzt jeweils fŸr neue Ideen ein. Aber er prŸfte sein
Wirken immer am Evangelium. Vor diesem Anspruch musste es bestehen, auf diesem
Fundament sollte es aufgebaut sein. Gottfried Keller, Jeremias Gotthelf und
Paracelsus gehšrten zu seinen bevorzugten Leitfiguren. Sie waren ãKetzer in Verantwortung
fŸr das VolkÓ.12
Gottlieb
Duttweiler starb am 8. Juni 1962 in ZŸrich im 74. Lebensjahr. Alle Zeitungen
waren voll von Nachrufen. Jetzt nach seinem Tod stimmten auch seine Gegner ins
Lob eines grossen Mannes mit grossen Verdiensten ein. Die Abdankungsfeier fand
gleichzeitig in vier Kirchen statt, Tausende fanden trotzdem keinen Platz und
standen aussen auf den Strassen und PlŠtzen. Eine feierliche Stille lag Ÿber
ZŸrich.
Adele
Duttweiler blieb alleine zurŸck. Sie blieb auch nach dem Tode von Gottlieb das,
was sie immer schon war: das Gewissen der Migros, die Frau im Hintergrund und
doch immer gegenwŠrtig und Einfluss nehmend auf die Entscheidungen, teilnehmend
und freundlich.
Sie brachte
auch spŠter immer wieder ihre Stimme in klŠrender oder mŠssigender Weise ein.
Zum Beispiel als die Genossenschaft Migros Genf den Verkauf von Alkohol
einfŸhren wollte, reiste sie nach Genf an die entscheidende Sitzung der
GeschŠftsleitung und stand fŸr die Beibehaltung des Verzichts ein. Immer wieder
versuchte sie auch vermittelnd zu wirken und stand fŸr die GrundsŠtze der
GrŸnder ein. Adele Duttweiler-Bertschi war noch ein langes Leben vergšnnt, sie
starb am 27. Mai 1990 in RŸschlikon im 98. Lebensjahr.
ãEs wird eine Zeit kommen, wo in unserem Lande, wie anderwŠrts, sich grosse Massen Geldes zusammenhŠngen, ohne auf tŸchtige Weise erarbeitet und erspart worden zu sein; dann wird es gelten, dem Teufel die ZŠhne zu weisen; dann wird es sich zeigen, ob der Faden und die Farbe gut sind an unserem Fahnentuch!Ó (Gottfried Keller im FŠhnlein der sieben Aufrechten)
Gottlieb
Duttweiler hatte immer klar gesehen, auf welch dŸnnem Eis sich die Idee des
Sozialen Kapitals bewegte. Er hatte mit allen Mitteln dafŸr gekŠmpft, aber
trotzdem ganz realistisch eingeschŠtzt, welches die Probleme nach seinem
Ableben sein wŸrden. So sagte er 1957: ãIch habe die Migros nicht wegen der
kaufmŠnnischen Unternehmung gestiftet, sondern um das geistige Gut fŸr die
Zukunft zu erhalten!Ó und weiter: ãWir mŸssen jede Machtakkumulation
vermeiden. Die gršsste Furcht, die ich habe, ist, dass ein ausserordentlich
tŸchtiger Mann die Migros sozusagen annektiert. Jeder Machtgedanke ist von
Schaden.Ó
Oder: ãMeine gršsste Sorge ist, dass die Migros auch spŠter diesen ideellen
Goodwill als Basis behŠlt und darauf weiterbaut, anstatt sich nur auf Millionen
Geldes und Goldes zu verlassen.Ó
Doch auch die
Bequemlichkeit und der fehlende Mut beschŠftigten ihn: ãDie Geschichte
historisch gewordener Grossorganisationen, aber auch der schweizerischen Politik,
belehrt uns Ÿber zwei Gefahren: Die Risikoscheu und die Tendenz zur MittelmŠssigkeit
in der Auswahl fŸhrender MŠnner.Ó Doch es geschah, wie es meistens
geschah: Die Stršmung der Zeit war zu stark, als dass die Migros ohne ihren
grossen Steuermann weiter mit voller Kraft gegen den Wind anfahren wŸrde. Die
politischen Aktionen hšrten bald einmal auf. Die vorhandenen Werte wurden zwar
weiter gepflegt und auch in vielen Details noch verbessert, doch ohne den
kreativen Zufluss des ãsozialrevolutionŠren GedankengutesÓ durch Duttweiler
wurde hauptsŠchlich vom Ideenkapital gelebt. Die Besonnenheit und Klarheit von
Adele Duttweiler trug indessen wesentlich dazu bei, dass ein grundlegender
Respekt vor den GrŸndern bestehen blieb und gewisse Grundwerte unangetastet
noch lange bestehen blieben.
So wuchs die
Migros laufend weiter in Umsatz, LŠden, Fabriken, Genossenschaftern und
Artikeln, aber das ãSoziale KapitalÓ zerrann dabei trotzdem ganz leise und
stetig, wie Schnee im FrŸhjahr. Immer noch zeugen heute einzelne Flecken von
der einstmaligen Gršsse der Ideen, und sie sind es auch, die die Migros davor bewahren,
vollends in den Sumpf des heutigen Turbokapitalismus abzugleiten. Immer wieder
werden deshalb einzelne Entscheidungen zugunsten von Menschen, Natur und Umwelt
gefŠllt. Es ist sehr zu hoffen, dass die FŸhrung der Migros auch heute, mehr
als ein Jahrzehnt nach dem Tod der GrŸnderin immer wieder die Thesen und
Grundlagen der Duttweilers zu Rate zieht und sich nicht scheut, auch unbequeme
und kaufmŠnnisch nicht zu rechtfertigende gršssere Entscheidungen zugunsten der
ganzen Menschengemeinschaft zu treffen – freiwillig notabene!
[1] Riess,
Kurt, Gottlieb Duttweiler, Eine Biographie – Buchclub Ex Libris ZŸrich,
3.Aufl. 1965
[2] Duttweiler,
Gottlieb, †berzeugungen und EinfŠlle –Ex Libris Verlag ZŸrich, 1.Aufl.
1962
[3] Steiner
Rudolf, Nationalškonomischer Kurs –Rudolf Steiner Verlag Dornach, GA 340,
6.Auflage 2002
[4] Migros-Genossenschafts-Bund,
Eine BrŸcke in die Zukunft – JubilŠumsschrift des
Migros-Genossenschafts-Bundes 1925-1955
[5] Pestalozzi
Hans A., Nach uns die Zukunft – Zytglogge Verlag Bern, 2. Auflage 1979
[6] Pestalozzi
Hans A., (Hrsg.), M-FrŸhling, Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass –
Zytglogge Verlag Bern, 1. Auflage 1980
[7] Meynaud
Jean, Korff Adalbert, Die Migros und die Politik –
Migros-Genossenschafts-Bund ZŸrich, 1967
[8] HŠsler
Alfred A., Das Abenteuer Migros – Verlag der Migros Presse, ZŸrich 1985
(zwšlfte Buchgabe des MGB)
[9] HŠsler
Alfred A., Adele Duttweiler-BŠrtschi – Editions M, ZŸrich 1992/93
[10] Lutz
Christian, Der BrŸckenbauer, Das Denken Gottlieb Duttweilers dargestellt anhand
seiner Schriften – Editions M, ZŸrich 1988
[11] Riesterer
Peter P., Gottlieb Duttweiler in Wort und Bild – Editions M, ZŸrich, 2.
Auflage 1989
[12] Riesterer
Peter P., Stationen eines bedeutenden Lebens, zum 90. Geburtstag von Adele
Duttweiler – Editions M, ZŸrich, 1982
[13] Migros-Genossenschafts-Bund,
Chronik der Migros, die Entwicklung der M–Gemeinschaft seit 1925 –
MGB, ZŸrich, 2. aktualisierte Auflage 2003
[14] Duttweiler
Gottlieb, Von der Migros AG zur Genossenschaft – MGB, Photografischer
Nachdruck der Originalausgabe von 1940, Biel 1969
[15] Munz
Hans., Das PhŠnomen Migros, die Geschichte der Migros–Gemeinschaft
– Ex–Libris Verlag, ZŸrich, 1973
Die Hauptseite der Migros. Darunter sind auch die 15 Thesen von Duttweiler zu finden www.migros.ch
Direkter Link dazu www.migros.ch/Migros_DE/Content/UeberMigros/LeitbildWerte/blip_red_15_thesen.htm
Umwelt und Ethik, die Bestrebungen der Migros www.miosphere.ch
Das Gottlieb Duttweiler Institut www.gdi.ch
SORGIM - Eine neue Migros-kritische Gruppierung, die Duttweilers-Thesen innerhalb der Migros verstŠrkt umsetzen mšchte. www.sorgim.ch
Bildnachweis: Mit freundlicher Erlaubnis des Migros-Archiv